|   Glosse

Und wieder warten auf den Handwerker

von Alexander Lang

Ach, es ist ein Graus, und wer kennt es nicht: Man sitzt zu Hause auf dem Stängelchen, blickt auf die Uhr, die Geduld schwindet. Im Dach ist seit Monaten eine undichte Stelle, der Wasserhahn tropft. Auf der fast fertigen Terrasse stauben Kacheln ein, die professionell verlegt werden wollen. Ich warte auf einen Handwerker. Mal wieder. „Ich komme vorbei!“, heißt es gemeinhin, wenn man bei den Männern der Tat (ja meist sind es solche) anklingelt. Oder besser noch: „Ich melde mich.“

Spätestens dann weiß ich armer Bittsteller, dass ich verloren bin. Garantiert kommt niemals der Herr Handwerker vorbei. Ich weiß, ich weiß: Die Dachdecker, Installateure, Elektriker und anderen praktischen Nothelfer können sich vor Arbeit nicht retten. Auch der Fachkräftemangel erschwert es besonders den Ein-Mann-Firmen und Familienbetrieben, schnell vor Ort zu sein. Ich verstehe, dass man mit Wartezeiten rechnen muss. Aber den Kunden hängen zu lassen und sich oft gar nicht mehr zu melden, geht nicht, finde ich.

Da gibt mir mein Autoschrauber zwinkernd dieser Tage einen Tipp. Gerade in Corona-Zeiten, in denen die Auftragsbücher vieler Handwerksbetriebe gut gefüllt sind, lasse ein dickes „Bonus“ so manchen Handwerkerkollegen flitzen, meint er. Bis zu 30 Prozent schlage mancher auf seine Vergütung obendrauf, bevor er sich die Mühe mache, mit dem Werkzeugkoffer auszurücken (und er mache das als Ehrenmann natürlich nicht, sagt mein Schrauber).

Mir dünkt mich tritt ein Tier: Schmiermittel setze ich nun garantiert nicht ein, damit man sich meiner erbarmt und die Maschine läuft. Dann warte ich lieber weiter und drehe Däumchen mit meinen zwei linken Händen. Und klar: Das Tässchen Kaffee wie sonst üblich gibt es nicht, sollte „mein Handwerker“ eines Tages doch noch bei mir aufkreuzen.

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Es bleibt ein Geduldspiel: Der Fließenleger kommt einfach nicht, um die letzten Kacheln auf der Terrasse zu verlegen. Foto: all
Es bleibt ein Geduldspiel: Der Fließenleger kommt einfach nicht, um die letzten Kacheln auf der Terrasse zu verlegen. Foto: all