|   Leitartikel

Das Virus und die Geisterdebatten

von Hartmut Metzger

Das Virus treibt die Politiker vor sich her: Neuinfektionen, Impfungen und Masken bestimmen die Nachrichten. Corona lässt aktuelle Kleinigkeiten wie Präsidentenwechsel in den USA, neue CDU-Vorsitzende und todesmutige Nawalnys auf die hinteren Plätze rücken. Die sinnfreien Themen einiger Polit-Protagonisten initiieren einen geradezu surrealen Vergleich: Zahllose Viren in Gestalt grimmig dreinblickender Indianer jagen orientierungslose Polit-Siedler durch die Prärie, bis die glorreiche Kavallerie mit der erhobenen Spritze anrückt, um sie zu erlösen. Die Kavallerie siegt immer.

Den Pflegekräften aber wird heutzutage – ohne repräsentative Erhebung – zuerst einmal unterstellt, dass sie sich zum Großteil gar nicht impfen lassen. Folglich wird die Impfpflicht für Pflegepersonal ins Gespräch gebracht. Dann regt ein Außenminister Sonderrechte für Geimpfte an – also vor allem für jene, die jetzt gerne geimpft würden, aber nicht werden, weil sie mangels Impfstoff keine Spritze kriegen. Aber daran ist ja der Gesundheitsminister schuld, weil er nicht ins Blaue hinein und auf eigene Rechnung gleich ganz viel bestellt hat.

Eine „Pandemie“ trifft aber im Zeitalter der Globalisierung das „gesamte Volk“ dieser Erde, und der Impfstoff kommt daher hoffentlich möglichst gerecht verteilt in alle Länder. Sonst ist das Virus – wie bei der Kinderlähmung zu beobachten – schwuppdiwupp wieder da. Bis es so weit ist, bietet die Prävention genügend Anlass zu Geisterdebatten ohne Aussicht auf Gewinn. Christian Drosten sagt ja: Wer in der Prävention alles richtig macht, sieht nicht, was passiert wäre, wenn er es anders gemacht hätte. Wissenschaftler sind gute Scouts für versprengte Politiker in der weiten Prärie.

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Hartmut Metzger
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