Ein schwarzes Kreuz aus Motorradketten, ein Altar auf der grünen Wiese vor dem Hintereingang der Kirche. Die Tür steht weit offen. Rechts und links und um die Kirche herum parken Motorräder und Trikes. Mehr als 70 an der Zahl, als dieser Motorradgottesdienst hinter der kleinen Dorfkirche im westpfälzischen Winterbach an diesem Sonntagmorgen beginnt.
Die Sonne scheint, und immer wieder tuckert das ein oder andere Motorrad auf der Landstuhler Straße hinter der Kirche vorbei oder hält an. Seine Fahrerinnen oder Fahrer steigen ab und gesellen sich zur bunten Gemeinde. Deutlich mehr als 100 Besucher sitzen auf Holzbänken oder stehen an ihren Gefährten und folgen den Worten des Pfarrers, der in schwarzer Motorradkluft immer wieder an Frank Palumbo, an seine Stimme und seine Gitarre übergibt: Talking about revolution. Es ist bereits der 18. Motorradgottesdienst für den Winterbacher Pfarrer Tilo Brach und seinen Gitarristen („Mogo“ genannt nach dem großen Vorbild in Hamburg). Beide sind inzwischen absolut professionell; cool und direkt, inhaltlich, stimmlich und instrumental.
„Gott gibt dich nie verloren. Gott kennt deinen Wert. Und in diesem Jesus von Nazareth ist er einer von uns geworden.“ Brach versichert den Besuchern, dass Jesus zu Boden gegangen ist wie sie – manchmal. Dass er gestorben ist wie sie – einmal sterben werden. Aber dass er auch aufgestanden ist: Als Zeichen für dich. Das Thema des Gottesdienstes an diesem Sonntagmorgen: Aufstehen vor dem Tod. Steh auf, wenn du am Boden bist, weil du es wert bist.
Einfach liegen bleiben, kann nicht die Lösung sein. Brach sagt: „Ich bin Optimist.“ Brach vertraut darauf, dass es diesen Jesus gab, und dass das, was über ihn erzählt wird, wahr ist. Jeder hat seine Stärken, und er als Christ sagt sich: Dann sind das meine Stärken, die mir Gott gegeben hat. Wenn ihr am Boden liegt: „Haltet durch und haltet zusammen. Eure Freundschaft, eure Barmherzigkeit, eure Nächstenliebe, eure Ehrlichkeit sind Kräfte, die Jesus euch geschenkt hat, damit ihr alle wieder aufsteht.“ Da hören alle zu: die Winterbacher, die Pfälzer und die Biker aus Koblenz, Karlsruhe, Worms und Speyer.
Als traditioneller Höhepunkt des Morgens werden rund 100 Helme auf die Wiese gelegt und mit Wasser (heute aus Lourdes, aber verdünnt) symbolisch gesegnet. Auf eine liturgische Erklärung kann der Pfarrer eigentlich verzichten. Es hat sich herumgesprochen, dass man keine Helme, sondern nur die Menschen darunter segnen kann. Und so ist es keine Frage, dass alle aufstehen und gemeinsam das Vaterunser beten, bevor die einen nach Hause fahren und die anderen zur Ausfahrt mit dem Pfarrer die Motoren starten. mez