Früher, als nicht Krieg, Pandemie, Inflation und Klimawandel die Schlagzeilen bestimmten, gab es im Sommerloch immer Tiere. Der Vater aller Sommerloch-Tiere war der Kaiman Sammy, der 1994 einen See bei Dormagen unsicher machte. Es folgten der angeblich Hunde fressende Killer-Wels Kuno, Skippy, das Känguru im Sauerland und natürlich der bayerische Problembär Bruno. Ein Tier im weitesten Sinne sorgt 2022 zwar nicht bundesweit für Schlagzeilen, ist aber Gesprächsstoff in Otterberg: der Wetterhahn auf der Abteikirche.
Das vergoldete Tier war auf einmal weg. Fliegen kann er nicht, da waren sich die Otterberger sicher. Aber gefunden wurde er auch nicht. Aufnahmen einer Drohne bewiesen, dass er nicht vom Sturm heruntergerissen wurde. Möglicherweise seien Kupferdiebe am Werk gewesen, vermutete Pfarrer Harry Albrecht zunächst. Aber einen 165 Zentimeter großen Hahn aus 30 Metern Höhe nachts unbemerkt abzutransportieren, erschien eher unmöglich.
War es aber nicht, wie sich herausstellte. Zwei Tage später war der Hahn wieder da. Ein junger Mann habe nachts mit seinem Kumpel gewettet, er könne hochklettern und den Hahn holen, erzählt Albrecht. Die Wette galt. Der Mann schaffte es, auch wenn ihm der Hahn beim Abstieg entglitt und beschädigt wurde.
Die beiden versteckten den Wettervogel. Doch sie waren beobachtet worden. Der Zeuge forderte den Freikletterer auf, den Hahn zum Pfarrer zu bringen. Was dieser mit einiger Zerknirschung tat. Harry Albrecht verzichtete unter zwei Bedingungen auf eine Anzeige. Erstens: Der Klettermaxe muss zur Polizei und die Sache aufklären. Und er muss den Hahn reparieren lassen. Beides sei zugesagt.
Wenn der Hahn, der zuletzt vor 70 Jahren renoviert wurde, nicht repariert werden könne, müsse ein neuer her, sagt Albrecht. Die Landeskirche habe ihm mitgeteilt, dass das zwischen 3000 und 4000 Euro koste. Klaus Koch