Es ist ein Weihnachten, das ich nie vergessen und so wohl auch nie wieder erleben werde. Langsam gleitet das Mokoro, ein rund vier Meter langer Einbaum, durch das Wasser des Okavango-Deltas im Norden Botswanas. Während die Stange unseres Bootsführers gleichmäßig ins Wasser taucht, wir mit den Händen in Seerosenfelder greifen und die Sonne vom strahlend blauen Himmel unbarmherzig auf uns niederbrennt, singen meine Frau und ich Weihnachtslieder. Schließlich ist Heiligabend.
Einen Tag später erst, wir sind bereits in der Kalahariwüste, ist Bescherung. Das setzen die zahlreichen Australier auf der Afrikatour so in der Gruppe vehement durch – das englische Erbe mit seinem „Boxing Dax“ lässt grüßen. Irgendwer hat ein rotes Weihnachtsmannkostüm besorgt, jeder darf sich bei „Santa Claus“ reihum sein mehr oder weniger originelles Wichtelgeschenk abholen, das alle hektisch im einzigen Supermarkt vor Ort zusammengesucht haben. Die indigenen San wiederum haben uns gezeigt, dass Mutter Natur jederzeit für reichlich Geschenke sorgt – vorausgesetzt, man weiß, wo zu suchen ist.
Doch obwohl alle beim Geschenkeauspacken abends so tun, als wäre Weihnachten, fehlt uns beiden deutlich etwas, was zu diesem Fest unbedingt dazugehört – die Familie. Für die Daheimgebliebenen in Deutschland haben wir deshalb vor unserer Weltreise einen filmischen Weihnachtsgruß vorbereitet und hinterlegt. Dank Greenscreen verwandeln wir unsere Studentenwohnung in eine Wüsten- und Savannenlandschaft – inklusive durstiger Tiere am Wasserloch, trompetenden Elefanten und Sanddünen. Dazu erklingen die ersten Takte von Bachs Weihnachtsoratorium. So wissen wir, dass wir an Heiligabend doch irgendwie im Kreise der Familie rund 8000 Kilometer entfernt mit dabei sind – und so an diesem Tag gleich zwei Mal Weihnachten feiern. Eigentlich müsste ich mir den Streifen dringend mal wieder anschauen.