Die Aussage des Weltkirchenrats nach seiner Tagung in Genf zeigt seine Zerrissenheit. Da wird der „illegale und nicht zu rechtfertigende“ russische Angriffskrieg angeprangert, der nicht mit „Gottes Natur“ vereinbar sei. Da wird jeder „Missbrauch der religiösen Sprache und religiöser Autorität zur Rechtfertigung dieser bewaffneten Aggression“ verurteilt – womit die Russisch-Orthodoxe Kirche (ROK) gemeint ist. Und es wird dennoch die Tür zum Gespräch offengehalten. Die Vereinigung sei „Plattform und ein sicherer Raum für Begegnung und Dialog“.
Mitgliedskirchen in der Ukraine und Russland sollten diese nutzen, heißt es mit Blick auf die jüngsten Forderungen, die ROK auszuschließen aus dem Weltkirchenrat. Ähnlich hatte die EKD argumentiert. Und auch der Papst will den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen, plant mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill ein Treffen im September. Seit Anfang Mai will er außerdem Putin treffen, wartet auf eine Rückmeldung aus dem Kreml.
Was Putin der Ukraine antut, ist mit Sicherheit menschenverachtend. Wie sähe aber die Lösung aus jenseits von Gesprächsversuchen mit der russischen Führung? Die russisch-orthodoxe Kirche mit ihren zig Gläubigen auszuschließen, würde eher Putins Narrativ eines Kampfs des Westens gegen Russlands zementieren. Dass jedes Telefonat und jedes Treffen, das geführt oder nicht geführt wird, in einem Krieg sofort symbolisch aufgeladen wird, macht es nicht leicht. Das zeigen die Leberwurstdebatte um Scholz und der Hitler-Putin-Vergleich des polnischen Präsidenten Duda nach den Telefonaten von Scholz und Macron mit dem Kreml Anfang Juni. Dennoch: Es braucht das kritische Gespräch – mit allen Kriegsparteien.