Keine Frage, viele deutsche Unternehmen brauchen angesichts der Energiekrise staatliche Unterstützung. Der Rettungsschirm dient nicht nur den Firmen und ihren Eigentümern, er rettet Arbeitsplätze und hilft so, Wohlstand zu sichern oder seinen Verlust wenigstens zu begrenzen. Verständlich deshalb, dass Industrievertreter und Lobbyisten in Presse, Funk, Fernsehen und sozialen Netzwerken Staatshilfe anmahnen.
Irritierend ist jedoch, mit welcher Selbstverständlichkeit sie dies tun. Als sei es das Normalste der Welt, dass sich der Staat in wirtschaftliches Handeln einmischt. Es sind die gleichen Vertreter der Interessen der Wirtschaft, die jenseits von Krisenzeiten den Staat verleumden. Er bremse mit Bürokratie und Vorschriften das wackere Unternehmertum aus. Er poche zu sehr auf soziale Gerechtigkeit und hemme so die freie Entfaltung der allein selig machenden Marktkräfte. Ganz nebenbei finden diese Vertreter ökonomischer Interessen selten mahnende Worte für die schwarzen Schafe unter ihnen, die sich einen Wettbewerb in legaler und halb legaler Steuervermeidung liefern, die des Profits wegen aus Tarifverträgen fliehen, die billig im Ausland produzieren, wo sie sich wenig um Umweltstandards oder Arbeitsschutz kümmern.
Gewiss, solche Unternehmen sind nicht in der Mehrheit. Aber wenige sind es auch nicht. Industrie- und Unternehmerverbände, die jetzt nach dem Staat rufen, um ihre Verluste zu vergesellschaften, sollten sich in profitablen Zeiten nicht allzu rigoros über den Staat beschweren, wenn der versucht, im Interesse der Allgemeinheit das Kapital wenigstens ein bisschen zu regulieren. Wer in der Not Hilfe braucht, tut sich leichter, wenn er in guten Zeiten Anstand zeigt.