Kirchen sind nicht billig im Unterhalt. Das wissen Pfarrerinnen und Pfarrer, Presbyterien, Landeskirchen und Bistümer nur zu gut. Manche Kirche ist gar Dauerbaustelle – etwa der Kölner Dom. Rund 19.000 Euro kostet die Instandhaltung täglich. Seit mehr als 100 Jahren ist das Gebäude keinen einzigen Tag völlig gerüstfrei. Denn schon etwa 20 Jahre nach dem Abbau des letzten Gerüsts fiel auch schon wieder der erste Stein vom Gebäude. Was bei 632 Jahren Bauzeit nun auch nicht groß verwundert. Da ist es schon eine kleine Sensation, wenn zumindest die Westfassade nun erstmals nach zehn Jahren wieder ohne großes Gerüst zu sehen ist. Kölner und Touristen ließen sich den Abbau des Gerüstes am Nordturm vergangene Woche zumindest nicht entgehen.
Auch die Kirchen selbst feiern gerne das Ende ihrer Verhüllung. 1999 spendierte der Vatikan ein Jahrtausendfeuerwerk für schlappe 10.000 Menschen. Grund war die freie Sicht auf die Petersdom-Fassade – nach etlichen Jahren. 2018 feierte Freiburg nach zwölf Jahren und rund 100.000 Arbeitsstunden ein gerüstfreies Münster.
Kirchgänger aber sollten sich nicht grämen, wenn sie durch Planen hindurch zum Gottesdienst schreiten müssen wie vor wenigen Jahren auch in der protestantischen Speyerer Dreifaltigkeitskirche: Verhüllung und Enthüllung – vom Vorhang des Jerusalemer Tempels bis zum Buch der Apokalypse, wörtlich Entschleierung – gehört schließlich zur Grundlage jüdisch-christlicher Kultur. In einem Interview erklärte so auch Verpackungskünstler Christo einst, christliche Ikonografie und die Geschichte des Christentums liefere erst die notwendige Basis für seine Kunst. In Paris erhielten Besucher des wahrscheinlich letzten Christo-Werks nun jüngst kleine Quadrate der Polypropylen-Plane ausgehändigt, mit dem der Triumphbogen ummantelt war. Vielleicht stecken in der Verhüllung maroder Kirchen mehr Fundraising-Ideen als gedacht.