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Debatte über Kölner Muezzin unerwünscht

von Helmut Frank

In Köln dürfen Muezzins künftig zum Freitagsgebet rufen. Den Muezzinruf zu erlauben sei ein Zeichen des Respekts, schrieb die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf Twitter. Kritiker watschte sie bereits im Vorfeld ab: „Wer das anzweifelt, stellt die Kölner Identität und unser friedliches Zusammenleben infrage.“ Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, legte noch einen drauf: „Köln sendet ein Zeichen der Toleranz und der Vielfalt in die Welt.“ Dieser Teil des Glaubens dürfe kein Bestandteil politischer Debatten sein, so Mazyek. Sonst spiele man mit einer islamfeindlichen Klaviatur den Extremisten in die Hände. In muslimischen Ländern ruft der Muezzin die Gemeinde fünfmal täglich zu bestimmten Uhrzeiten zum Gebet.

Aber bei allem Respekt, Kritik an dem Beschluss ist mehr als angebracht – als „Bestandteil politischer Debatten“ und ganz sicher im Interesse des „friedlichen Zusammenlebens“. Für radikale Muslime, und die gibt es leider auch in Köln, ist der Muezzinruf eine Kampfansage des politischen Islam, eine öffentliche Proklamation gegen Andersgläubige: „Allah ist am größten! Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah. Ich bezeuge, dass Mohammed Allahs Gesandter ist.“ Der Ruf des Muezzin hat eine durchaus aggressive Komponente. Für die Ungläubigen (Christen, Juden, Atheisten) ist es der Ruf zur Bekehrung im muslimisch dominierten Raum. Wo der Ruf des Muezzin erschallt, herrscht nach muslimischer Lehre Allah.

Der arabischstämmige Integrationsexperte Ahmad Mansour kritisiert deshalb die Kölner Entscheidung scharf: „Es geht nicht um Religionsfreiheit oder Vielfalt. Die Betreiber der Moscheen wollen Sichtbarkeit. Sie feiern den Muezzin als Machtdemonstration über ihre Viertel.“ Die Soziologin Nec­la Kelek hält das Kölner Projekt für eine falsche Islam-Politik. Den Vergleich mit dem Läuten von Kirchenglocken findet sie völlig deplatziert. Der Muezzinruf sende eine Ideologie, „eine ganz bestimmte Richtung“. Im Gebetsruf würden religiöse Slogans verkündet, die auch von islamistischen Terroristen benutzt würden.

Kritik kommt auch vom Zentralrat der Ex-Muslime. Dessen Vorsitzende Mina Ahadi musste in ihrer Heimat Iran erleben, wie der islamische Gebetsruf bei öffentlichen Hinrichtungen erschallte. „Bei jedem Gebetsruf werden all diese schrecklichen Erinnerungen für mich und auch für viele andere aus dem Iran, dem Irak, Afghanistan, Syrien und Saudi-Arabien lebendig“, schreibt sie in einem offenen Brief an die Oberbürgermeisterin. „Auch wenn wir hier in Sicherheit leben, erzeugt der Gebetsruf in uns einen starken psychischen Druck und eine Retraumatisierung.“

Die kritischen Stimmen sollten gehört werden. Das Kölner „Modellprojekt“ befördert weder Toleranz noch Vielfalt. Ein Vorbild für andere Städte sollte Köln deshalb nicht sein.

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Helmut Frank
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